Sie sind seit Neuestem als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule tätig? Sie dürfen promovieren und lehren? Glückwunsch!
Aber wie geht Lehren eigentlich? Bzw. worauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihre erste Lehrveranstaltung geben?
Lehranfängern empfehle ich, sich zu Beginn auf wenige Aspekte guter Hochschullehre zu konzentrieren und auf die Realisierung dieser zu achten. Nehmen Sie hierzu zunächst drei Aspekte guter Hochschullehre in den Fokus (wenn Sie gerne noch einen weiteren Aspekte beachten möchten, suchen Sie sich auf der Seite "Lehrende mit ersten Erfahrungen" etwas aus).
Drei Aspekte guter Hochschullehre:
Nach dem aktuellen Stand der Forschung (vgl. Hattie, 2011) sind v.a. vor allem drei Aspekte besonders wirksam für gute Hochschullehre:
Folglich konzentrieren wir uns auf diese drei. Für den ersten Aspekt ist eine gute Planung Ihrer Veranstaltung unausweichlich. Dies hat den Vorteil, dass Sie sich während Ihrer Lehre "nur" um zwei weitere Aspekte kümmern müssen. Auch können Sie durch Ihre Planung auch die normale eigene Unsicherheit während der Lehre reduzieren. Sie wissen zwar noch nicht, wie Sie die Stunde optimal bewältigen wollen - aber Sie haben einen Plan, wie es gehen sollte.
1.) Planung Ihrer Veranstaltung (und transparente Kommunikation Ihrer Leistungserwartungen):
Um den Studierenden Ihre Leistungserwartungen zu kommunizieren, müssen Sie wissen, was Sie eigentlich wollen. Idealerweise haben Sie zunächst eine strategische Lehrveranstaltungsplanung gemacht, in der Sie zunächst
a.) Ihre Lernziele ausgewählt haben (was sollen die Studierenden lernen?),
b.) die zum Lernziel passenden Lehrmethoden auswählen (wie sollen die Studierenden es lernen?),
c.) die dazugehörigen Prüfungsmethoden einplanen (wie prüfe ich den Lernerfolg der Studierenden?) und
d.) dies in einen konsistenten Gesamtplan (samt Konzeption der Einzelsitzungen) zusammenstellen.
Ich selbst plane meine eigene studentische Lehre stets exakt nach diesem "State-of-the-Art"-Vorgehen.
Wie soll dies nun im Detail funktionieren?
Ich habe dazu ein virtuelles Lernmodul konzipert. In diesem können Sie hier selbst Ihre Veranstaltung strategisch planen. Sie werden durch das Lernmodul geführt, als wenn Sie einen hochschuldidaktischen Workshop bei mir hätten. Ihre Eintragungen werden gespeichert und Sie können sich diese als Excel- und PDF-Datei herunterladen. Wenn Sie lieber mit Büchern arbeiten, empfehle ich Ihnen das Kapitel von Berendt (2002).
2.) Aktivierende Lehrstrategien
Während ihrer Lehrveranstaltung sollten Sie darauf achten, aktivierende Lehrstrategien bzw. -methoden zu nutzen. Dies hört sich gut an, aber wie soll das genau gehen?
Welche Methoden gibt es?
Als Auswahlgrundlage empfehle ich übliche Methodenbücher (z.B. die Kapitel unter C 2 - Aktivierende Lehrmethoden im Neuen Handbuch Hochschullehre von Berendt, Fleischmann, Schaper, Szczyrba & Wildt, 2014). Alternativ ist der Online-Methodenpool der Universität Köln (Reich, 2014) gut nutzbar. Nehmen Sie die Methoden, die Ihnen geeignet erscheinen und Ihnen zusagen.
Welche Lehrmethoden soll ich wählen?
Nehmen Sie immer Lehrstrategien bzw. -methoden, welche die Studierenden optimal geistig aktivieren. Dabei sind die Methoden ein Mittel zum Zweck zur Erreichung Ihrer Lernzeile. Methoden sind kein Selbstzweck, auch sind sie nicht per se gut oder schlecht, sondern sind je Lernziel mehr oder minder geeignet, die Erreichung des Lernzieles zu unterstützen.
Wie oft soll ich die Methoden in einer Stunde wechseln?
Bei Methoden, welche bei Studierenden Passivität begünstigen (z.B. Input durch Ihren Vortrag), empfiehlt es sich, alle 15-20 Minuten einen Methodenwechsel durchzuführen, da die menschliche Aufmerksamkeitsspanne begrenzt ist. Dabei ist aber kein großer Methodenwechsel immer notwendig - wenn Sie eine einfache Frage stellen, haben Sie auch einen Methodenwechsel vollzogen.
Bei aktivierenden Methoden ist ein Methodenwechsel nicht zwangsläufig notwendig.
Generell sollten Ihre Methoden dazu führen, dass Sie Ihre Lernzeile erreichen.
Ihre Lernziele erreichen Sie, wenn Ihre Studierenden selbst aktiv lernen. Dies begünstigen Sie durch aktivierenden Lernstrategien bzw. -methoden.
3.) Feedback und Evaluation
Insgesamt wird an Hochschulen von den Lehrenden viel zu wenig qualitativ hochwertiges (= differenziertes positives wie negatives) Feedback gegeben und eingeholt. Meist beschränken sich Feedback von Lehrenden und Studierenden auf ein undifferenziertes "war gut".
Eine ausführliche Darstellung samt Methoden findet sich unter "Feedback" im Methodenpool von Reich (2017). In Kurzform empfehle ich Folgendes:
Feedback an die Studierenden
Geben Sie den Studierenden wenn irgend möglichst differenziertes Feedback. Dies kann bei studentischen Wortbeiträgen, nach studentischen Referaten, nach Hausarbeiten etc. geschehen. Da Sie als Lehrender eine machtvolle Position gegenüber den Studierenden haben (Stichwort: Notenvergabe), achten Sie auf klares und wertschätzendes Feedback:
Feedback an den Lehrenden
Holen Sie sich von Ihren Studierenden Feedback ein. Überlegen Sie sich Punkte, zu denen Sie sich ein Feedback wünschen (Lernfortschritt, Lehrendenverhalten etc.) und fragen Sie Ihre Studierenden, z.B. in einem (relativ) anoynmen One-Minute-Paper. Hier haben Sie viele Freiheiten in den Dimensionen des Feedbacks, auch erhalten Sie unmittelbar Feedback. Was hier fehlt, ist ein Referenzwert (wo stehe ich zu den Lehrenden meines Fachbereichs?).
Diesen Referenzwert erhalten Sie in den üblichen Lehrveranstaltungsevaluationen, an denen ich eine generelle Teilnahme empfehle.
Diese drei Aspekte empfehle ich allen Lehranfängern. Eine fundierte Planung samt kommunzierten Lernzielen vorab, sowie aktivierende Lehrmethoden während der Veranstaltung und differenziertes Feedback von und an Sie während und nach der Veranstaltung.
Sobald Sie dieses gemeistert haben, suchen Sie sich weitere Punkte guter Hochschullehre.
Frohes Schaffen!
Literatur